Bereits heute ist die Verwendung von Betonbruch als Recyclingbaustoff in vielen Bereichen gängige Praxis. Betonbruch hat sich als Gesteinskörnung in Beton oder als ungebundene Trag- und Frostschutzschicht im Straßenbau bewährt und ersetzt dort Primärrohstoffe. Daneben ist die Wiederverwendung von Überschuss- und Restmengen nach Aufbereitung bei der Frischbetonherstellung gängige Praxis.
Die Verwertungsquote von Beton ist mit über 90 % bereits sehr hoch. Dabei werden die Potenziale in erster Linie im Straßenbau gehoben. Vom Beton getrennte Bewehrung wird als Stahlschrott zu 100 % dem Wertstoffkreislauf wieder zugeführt.
Angesichts der absehbar steigenden Mengen an Festbeton aus dem Rückbau ergibt sich in Zukunft das Potenzial, das Betonrecycling im Hochbau deutlich auszuweiten. So könnten bei konsequenter Kreislaufführung schätzungsweise 50 Mio. Tonnen Primärrohstoffe durch den Einsatz von Recycling-Gesteinskörnung im Beton eingespart werden. Der Einsatz von RC-Baustoffen kann bereits in der Ausschreibung verankert werden. Regionale Verfügbarkeit und Transportwege sind zu beachten.
Recyclingbeton im Hochbau einsetzen
Der Einsatz rezyklierter Gesteinskörnung in tragenden Bauteilen ist normativ geregelt und somit heute schon möglich. Bereits in den 1990er-Jahren gab es Projekte, wie das Verwaltungsgebäude der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) oder die Waldspirale in Darmstadt mit über 12.000 m³ verbautem Recyclingbeton. Die Leistungsfähigkeit der sogenannten R-Betone ist somit langjährig bestätigt.
Künftig gilt es, Recyclingbeton vermehrt einzusetzen und damit natürliche Ressourcen, z. B. von Kies und Sand, einzusparen. Je nach Expositionsklasse und Typ der rezyklierten Gesteinskörnung können bis zu 45 Vol.-% (trockene Innenbauteile) der natürlichen Gesteinskörnung durch rezyklierte Gesteinskörnung ≥ 2 mm ersetzt werden. Neben gebrochenem Altbeton dürfen auch begrenzte Anteile anderer Baustoffe enthalten sein, ohne dass nachteilige Auswirkungen auf die Betonqualität auftreten. Das erhöht die Wirtschaftlichkeit der Betonaufbereitung deutlich. Je nach Typ der rezyklierten Gesteinskörnung können z. B. bis zu 10 % bzw. bis zu 30 % andere Bestandteile, wie z. B. Ziegel, Kalksandstein, aber auch geringe Mengen sonstiger Materialien, enthalten sein. Druckfestigkeitsklassen bis C30/37 und WU-Betone können mit rezyklierten Gesteinskörnungen hergestellt werden. Bislang wird dieses Potenzial für die Kreislaufwirtschaft im Hochbau aber noch nicht vollständig ausgenutzt.
Mit der Einführung der neuen Normengeneration DIN 1045 können künftig auch feine Gesteinskörnungen ≤ 2 mm (genannt Betonbrechsand oder Recyclingmehl) eingesetzt und die Anteile grober rezyklierter Gesteinskörnungen in einigen Anwendungen erhöht werden.
Aktuell stehen rezyklierte Gesteinskörnungen noch nicht flächendeckend und in ausreichenden Mengen für die Herstellung von Beton zur Verfügung. Insofern gilt es, Nachfrage nach Recyclingbetonen aktiv zu fördern und damit auch den Aufbau entsprechender Wertschöpfungsketten und Stoffkreisläufe anzureizen. Eine wesentliche Voraussetzung dafür ist die Aufbereitung, d. h. die möglichst sortenreine Trennung verschiedener Abbruchmaterialien sowie eine verbesserte Abtrennung des Zementsteins von der Gesteinskörnung.
Anwendungsbereich | Kategorie der Gesteinskörnung | ||
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Alkalirichtlinie | DIN EN 206-1 und DIN 1045-2 | Typ 1 | Typ 2 |
WO (trocken) | Carbonatisierung XC1 | ≤ 45 Vol.-% | ≤ 35 Vol.-% |
WF (feucht) | kein Korrisionsrisiko X0 Carbonatisierung XC1 bis XC4 |
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Frostangriff ohne Taumitteleinwirkung XF1 und XF3 und in Beton mit hohem Wassereindringwiderstand | ≤35 Vol.-% | ≤ 25 Vol.-% | |
chemischer Angriff (XA1) | ≤ 25 Vol.-% | ≤ 25 Vol.-% |
WO, WF = Feuchtigkeitsklassen gemäß DAfStb Alkali-Richtlinie:2013-10, X0 bis XA = Expositionsklasse
Quelle: Eigene Darstellung, zulässige Anteile rezyklierter Gesteinskörnungen > 2 mm nach DAfStb-Richtlinie.
Prozentangaben beziehen sich auf den Anteil der Gesteinskörnung im Beton.
Bauwerke in Beton können in ganzen Bauteilen oder stofflich getrennt wiederverwendet werden. Es lassen sich bereits signifikate Mengen natürlicher Gesteinskörnungen im Beton durch Recycling-Material ersetzen. Auch für die weitere Verwendung ganzer Bauteile lohnt es sich, die erneute Nutzung bereits in der Entwurfsphase mitzudenken.
Die direkte Wiederverwendung ganzer Bauteile bietet ein großes Potenzial zur Ressourcenschonung über das reine Recyling der Ausgangsmaterialien hinaus. Ein sortenreiner Materialeinsatz kann beides erheblich erleichtern. Folgende Maßnahmen können hierzu beitragen:
Speziell im Bereich serieller Bauten gibt es ein großes Potenzial zur Wiederverwendung. Bei Planung reversibler Bauteilverbindungen können ganze Bauteile rückgebaut und erneut verwendet werden. Die Mehrkosten eines systematischen Rückbaus lassen sich grundsätzlich amortisieren, sodass entsprechende Vorhaben wirtschaftlich darstellbar sind und sich ggf. künftig sogar Einnahmen aus dem Verkauf der Elemente erzielen lassen. Entsprechende digitale Plattformen entstehen zurzeit.
Verfügbarkeit gebrauchter Bauteile
Aktuell gibt es keinen deutschlandweit vorhandenen Markt für gebrauchte Betonbauteile. Rechtliche wie logistische Herausforderungen machen die Wiederverwendung von Bauteilen zu einer seltenen Ausnahme. Liegen Ort und Rückbauzeitraum eines abzureißenden Gebäudes und eines geplanten Neubaus aber nahe beieinander, kann es sich bereits heute um eine wirtschaftliche Maßnahme handeln.
Durch eine Verlängerung der Nutzungsdauer von Gebäuden oder Bauteilen können der Bedarf für Neubauten und der damit verbundene Ressourcenverbrauch reduziert werden.
Variable Grundrisse
Skelettbauweise und hohe Spannweiten bei Verzicht auf tragende Innenwände erlauben das Erstellen variabler, den sich ändernden Nutzungsanfordungen anpassbarer Grundrisse.
Flexible Fassadengestaltung
Die Lebensdauer der Fassade ist für gewöhnlich geringer als die des Tragwerks. Auch können sich Anforderungen an diese im Laufe der Zeit ändern.
Im Hinblick auf die Ressourceneffizienz ist es wünschenswert, die vorhandene Gebäudesubstanz möglichst lange zu nutzen und wenn nötig durch Umbauten, Nutzungsänderungen und bauphysikalische Aufwertungen zu ertüchtigen. Vergleichende Ökobilanzierungen für zwei Beispielgebäude ergaben, dass das Treibhauspotenzial innerhalb eines Nutzungszeitraums von 100 Jahren um rund 20 % reduziert werden kann, wenn anstelle eines Rück-und Neubaus eine Umnutzung in der vorhanden Tragstruktur erfolgt.
Quelle: Brand, S.: How Buildings Learn, Penguin Books (1995)
Die Um-/Nachnutzung eines Gebäudes sollte immer in der Planung berücksichtigt werden. Für die Errichtung sehr langlebiger, in der Nutzung flexibler Gebäudetragwerke bieten Betonkonstruktionen vorteilhafte Eigenschaften:
Jedes Gebäude lässt sich durch einfache, geradlinige Lastableitung statisch optimieren und kann so Material und Gewicht sowohl bei Beton als auch bei der Bewehrung einsparen. Lastabtragende Bauteile sollten übereinander liegen. „Überdrückte“ bzw. vorgespannte Betonkonstruktionen reagieren auf Bauwerkslasten deutlich unempfindlicher als Bauteile unter Zug- bzw. Lastwechselbeanspruchung. In Querschnittsbereichen ohne Funktion sollte Beton ausgespart werden. Eine herstellungstechnische Optimierung ist durch möglichst viele gleichartige Bauteilquerschnitte und optimierte Einzelbauteile erreichbar. Die Wahl der Deckenkonstruktion hat wesentlichen Einfluss auf den Ressourcenverbrauch. Optimierungen der Betonrezepturen können erfolgen, damit nur die wirklich notwendigen Betoneigenschaften erfüllt werden. Überfestigkeiten sollten vermieden werden.